Versuch einer Zusammenfassung 09/2020

Stand heute komme ich zu folgendem vorläufigem Zwischenstand, ich versuche in der Zusammenfassung immer wieder auf Punkte hinzuweisen, die widersprüchlich, ungeprüft oder nur vermutet sind.

Gen 1 Friedrich Ludewig von Both und Dorothee Christine Heuer ~ 1785

Gen 2 Heinrich Ludwig Hoyer und Louise von Both ~ 1840

Gen 3 Eduard Peter Johann Hoyer und Therese von Beyl ~1888

Gen 4 Georg Nikolai von Hoyer und Olga Conde-Markwot Rengarten ~1960

Ältester belegbarer Vorfahrer der heutigen Familie von Hoyer-Boot ist die Generation 1 mit Friedrich Ludewig von Both und Dorothee Christine Heuer. Friedrich Ludwig von Both wurde am 24 Nov 1786 in Ludwigslust, Mecklenburg-Vorpommern als Sohn des Schloss-Hauptmanns Hartwig-Ludwig von Both und seiner Frau Christiana Aug. Renate von Spörcken geboren. Die Familie von Both gehört zu den uradligen Familien in Mecklenburg und besteht mit mehreren Linien bis heute.


Quelle:: Taufen, Heiraten u Tote 1770-1812 Ancestry.com. Deutschland, ausgewählte evangelische Kirchenbücher 1500-1971 [database on-line]. Lehi, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc., 2016.

Klingt also auf den ersten Blick nach einer durchaus interessanten Verbindung zweier Adelsfamilien….aber eben nur auf den ersten Blick. Werfen wir also nun einen Blick auf die ersten Geburtsinformationen, diese finden sich im Kirchenbuch der Gartenkirche in Hannover:

Quelle: Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover; Filmnummer: 185048; Seitennummer: 68;69Taufen, Heiraten u· Tote 1807-1852
Ancestry.com. Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945 [database on-line]. Provo, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc., 2016. Ursprüngliche Daten:Mikrofilm Sammlung. Familysearch.org Originale: Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Stade, Deutschland.

Der Eintrag besagt: „Louise Friederike Bernhardine, uneheliche Tochter des Hannoveranischen Capitäns im Jäger-Garde-Battalion Friedrich Ludewig von Both und der Dorothea Heuer aus Hannover, getauft den 16.“ Gut, die beiden Eltern waren nicht verheiratet, aber vielleicht war das Kind ja einfach nur schneller ?

Suchen wir also weiter, so treffen wir auf die nachfolgende Geburt:


Quelle:  Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover; Filmnummer: 185128; Seitennummer: 458;459,  Taufen 1777-1852, Ancestry.com. Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945 [database on-line]. Provo, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc., 2016.
Ursprüngliche Daten:Mikrofilm Sammlung. Familysearch.org Originale: Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Stade, Deutschland.

Hier haben wir die Taufe in der Kreuzkirche zu Hannover im Jahre 1820 von Friedrich Bernhard, Vater Friedrich Ludwig von Both, Capitain bei der Jäger-Garde außer dem Steinthor und Dorothea Heuer aus Hannover, Taufpaten sind diesmal zumindest aus der Familie von Both vorhanden. Ein kleiner Eintrag „Spurius“ verrät auch hier, dass es sich um ein uneheliches Kind handelt.

Und wie immer sind der guten Dinge drei, es findet sich noch ein weiterer Taufeintrag:

Quelle:  Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover; Filmnummer: 185128; Seitennummer: 506;507, Taufen 1777-1852
Ancestry.com. Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945 [database on-line]. Provo, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc.,2016.
Ursprüngliche Daten:Mikrofilm Sammlung. Familysearch.org Originale: Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Stade, Deutschland.


Wir schreiben nun das Jahr 1824 und lesen den Taufeintrag der Kreuzkirche zu Hannover von Carl Christoph, Vater ist Friedrich Ludwig von Both, Hauptmann bei der Jäger Garde, Mutter Dorothea Christine Heuer aus Hannover und der Pate ist Carl Ludwig von Both, mecklenburgischer General Major, sowie ein Christ. Heise, Gardeleutnant. Auch hier fehlt der kleine Zusatz „Spurius“ nicht.

Bis hierhin klingt alles sehr nach dem typischen Klischee, alter Adel sucht sich schöne, gutaussehende Frau aus der Stadt, aber nicht zum Heiraten.

Unklar ist auch, welchen Nachnamen die Kinder jetzt trugen, von Both nach dem Vater würde nur Sinn ergeben, wenn er sie als Kinder angenommen hätte, was in etwa die gleichen Probleme wie eine nicht standesgemäße Hochzeit mit sich bringen würde. Heuer nach der Mutter erscheint wahrscheinlicher. Zumindest hätten wir an dieser Stelle endlich einmal eine sinnvolle Kombination des Nachnamens von Hoyer-Boot zusammengestellt. von Both vom Vater und Heuer=Hoyer von der Mutter. Aber leider gibt es keine Anzeichen einer Heirat.

Betrachten wir den Vater etwas genauer wird es aber zumindest geschichtlich interessant.

Nach der Besetzung Kurhannovers im Krieg gegen Frankreich wurde die hannoveranische Armee 1803 komplett aufgelöst, große Teile ihrer Offiziere und Soldaten ließen sich aber durch Großbritanien anwerben und dienten in der sogenannten „Kings German Legion“ an der Seite der brittischen Truppen gegen Napoleon. Die ehemaligen hannoverschen Truppen genossen aufgrund ihrer Fähigkeiten und hohen Kampfmoral hohes Ansehen unter den britischen Offizieren und standen auf allen Schlachtfeldern gegen Napoleon in der ersten Frontlinie.

Für Friedrich Ludwig von Both findet sich ein Eintrag im Buch Schwertfeger, „Geschichte der Königlich Deutschen Legion 1803-1816“ Er wird hier als Capitain, also seinem alten Rang in der hannoverschen Armee geführt und diente im 1. leichten Batallion der Infantrie in den Kriegsschauplätzen Peninsula, Waterloo, Venta de Poco.

Quelle: Schwertfeger, „Geschichte der Königlich Deutschen Legion 1803-1816“

Das erste Datum nach dem Namen stellt das aktive Aufnahmedatum in die KGL dar, ergänzend findet sich hier noch der Hinweis, dass Friedrich Ludwig von Both am 09.06.1826 als Kapitain des Garde-Jäger-Regiments zu Hannover verstorben ist. Hiermit waren die o.g. geborenen Kinder also bereit in frühen Jahren zu Halbwaisen geworden.

Durch einen weiteren Zufall bin ich dann auf ein in englischen Archiven liegendes Testament gestoßen:

Friedrich Ludewig von Both, Kapitän der Jäger-Garde in Hannover verfasst dort im April 1826 seinen letzten Willen. Dieser wird durch ein Kriegsgericht seines Regimentskommandeurs, begleitet von weiteren Kammeraden und einem Notar aus Hannover bezeugt. Zur Sicherheit wurde das Dokument nach Fertigstellung als „zulässiges Testament“ in London beim zuständigen Gericht hinterlegt. Durch die Personalunion von Großbrittanien und Hannover stand also die englische Gerichtbarkeit über der hannoverschen, ich denke, man kann hier mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Erblasser an dieser Stelle den unbedingten Erbanspruch der im Testatment genannten Erben sicherstellen wollte, also auch die „übliche“ Erbfolge in der eigenen Familie ausschliessen wollte.

Die namentlich genannten Erben sind:

  1. Doris = Dorothee Heuer
  2. Friedrich Bernhard von Both
  3. Carl Christoph von Both
  4. Louise Friederike Bernhardine von Both

Dorothee Heuer wird hierbei als die Frau bezeichnet, welche ihn während seiner gesamten Kriegszeit begleitet hat. Das Erbe wird zu gleichen Teilen unten den o.g. Erben aufgeteilt. Im Falle des Todes der Mutter fällt ihr Anteil an die Kinder, weiterhin wird ein Treuhänder eingesetzt UND zum Schluss wird bestimmt, dass die Gleichstellung seiner Kinder zu dem Rest der Familie Both mit allen Mitteln verfolgt werden muss, hierzu sei auch eine Eingabe an den König von Hannover zu richten. So hatte Friedrich Ludwig von Both doch wohl eher eine romantischere Beziehung zu seiner wie man heute so schön sagt „Lebensabschnittsbegleiterin“ als viele seiner adligen Mitbürger aus dieser Zeit.

Seite 1 des Testaments

Seite 2 des Testaments
Quelle: The National Archives; Kew, Surrey, England; Records of the Prerogative Court of Canterbury, Series PROB 11; Klasse: PROB 11; Teilnummer: 1718, Piece Description: Piece 1718: Swabey, Quire Numbers 551-610 (1826)
Ancestry.com. Großbritannien, Prärogativgericht von Testamenten von Canterbury, 1384-1858 [database on-line]. Provo, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc., 2013. Ursprüngliche Daten:Prerogative Court of Canterbury: Wills of Selected Famous Persons. Digitized images. Records of the Prerogative Court of Canterbury, Series PROB 1. The National Archives, Kew, England.Prerogative Court of Canterbury and Related Probate Jurisdictions: Will Registers. Digitized images. Records of the Prerogative Court of Canterbury, Series PROB 11. The National Archives, Kew, England.

So hatten wir also dann ein Testament, aber wurde es auch wirklich berücksichtig oder fand die Familie von Both vielleicht noch eine Möglichkeit die Wünsche des Erblassers doch noch zu verhindern ?

Zunächst haben wir chronologisch betrachtet den Tod des Friedrich Ludwig von Both zu vermerken:


Quelle: Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover; Filmnummer: 185289; Seitennummer: 258;259Tote u· Konfirmationen 1777-1852
Ancestry.com. Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945 [database on-line]. Provo, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc., 2016. Ursprüngliche Daten:Mikrofilm Sammlung. Familysearch.org Originale: Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Stade, Deutschland.

Verstorben ist hier in der Garnisonsgemeinde zu Hannover „Friedrich Ludwig von Both, Kapitain und Hann. Chef der Jäger Garde an der Luftröhrenschwindsucht, unverheiratet, hinterlässt jedoch 3 uneheliche Kinder“. An der Legitimität seiner Kinder hat sich also zum Zeitpunkt seines Todes nichts geändert.

Zuzmindest findet sich noch ein Hinweis auf die Testamentseröffnung im August 1826, das Ergebnis der Testamentseröffnung ist mir derzeit nicht bekannt, ich werde hier aber nochmal neu ansetzen.

Quelle: Staats und Gelehrten Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten 1826, Erscheinungsort Hamburg

Biegen wir an dieser Stelle zum Hintergrund der Familie von Both ab, diese wird in einer typischen Veröffentlichung adliger Familiendarstellung im Jahre 1895 in der „Vierteljahresschrift für Wappen-, Siegel-, und Familienkunde“, Band 22, herausgegeben vom Verein „Herold“ in Berlin durch ein Mitglied der Familie von Both geliefert (Herrn Caspar von Both).

Quelle: Vierteljahresschrift für Wappen-, Siegel-, und Familienkunde, Herausgegeben vom Verein „Herold“ in Berlin
XXII Jahrgang, Digitized by Google from New York Public Library

Bereits auf Seite 44 findet sich der für uns interessante Friedrich Ludwig von Both: „Auch die Nachkommen des Königl-Hannoverschen Kapitäns der Jägergarde Friedrich Ludwig von Both (gest. 1826) gehören laut Zeugnissen der Parochie St. Cruzis in Hannover der Familie von Both nicht an. Casper Friedrich Bernhard, Günter Ernst Eduard Casper Fürstlich-Lippische Staatsangehörige) und Carl Friedrich, von welchen letzterer 1823 in Hannover geboren, in Rußland Offizier geworden sein soll und seit 1850 verschollen ist (nähere Akten beim Kurator der von Bothschen Familienstiftung in Schwerin).

Weder die Namen der Kinder sind korrekt noch die weiteren Daten, aber es handelt sich unzweifelhaft um die Kinder des Friedrich Ludwig von Both. Seine Bemühungen um die Anerkennung seiner unehelich gezeugten Kinder scheinen also nicht erfolgreich gewesen zu sein.

Interessanterweise tauchen die Kinder in den Folgejahren als von Both bei ihren Heiraten auf, die Weitergabe des Nachnamens scheint also im Rahmen des Testamentes umgesetzt worden zu sein. Die Zeit verging und als Leser dieser Zusammenfassung mag man sich fragen, wo denn nun der Bogen in Richtung Russland geschlagen wird (ausgenommen natürlich der Hinweis auf den einen Sohn, der als Offizier nach Russland gegangen sein soll). Nun, da vieles im Rahmen dieser Nachforschung doch ein wenig seltsam ist, landen wir nun im Jahre 1843 wieder in Hannover, das nachfolgende Dokument bringt die Verbindung nach Russland endlich wieder in den Fokus:

Hierbei handelt es sich um einen Antrag an die „geistlichen Behörden“ Hannovers durch Heinrich Hoyer, kaiserlich-russischer Gestütsmeister hinter dem Ural die Tochter seiner Schwester ohne Aufgebot ehelichen zu dürfen. Der Antrag betreffs des öffentlichen Aufgebotes wird durch die Behörden abgelehnt, einer Hochzeit steht jedoch nach Prüfung nichts im Wege. Der Antragsteller ist 44 Jahre alt und die potentielle Braut 22 Jahre. Die Braut wird als Louise Both vermerkt. Sollte dies vielleicht die schon erwähnte Louise Friderike Bernhardine von Both sein ? Kurz gerechnet wurde sie 1822 geboren, wäre also 1843 ca 22 Jahre alt, das war dann zumindest ein Hinweis.

Bei allen Personen dieser Generation bewegen wir uns außerhalb der bekannten und leider auch mit Unzulänglichkeiten behafteten Stammbäume der Familie von Hoyer-Boot, soll heißen die Namen dieser Ahnen sind auch in diesen nicht aufgeführt. Alle Verbindungen können nur durch die akribische Suche nach dem nächsten Dokument belegt werden, logische Fehler sind nicht auszuschließen, denn manchmal ist das was man sehen möchte auch das was man gerne glauben möchte. Grundsätzlich ist die Faktenlage aber sehr gut aus meiner Sicht, sodass wir hier mit großer Sicherheit davon ausgehen können, dass die Daten insgesamt stimmig sind. Die Verluste an Wissen und Dokumenten durch mehrere Fluchten und politische Wirren lassen kaum noch einen anderen Ansatz zu als alle Sekundärquellen zu nutzen.

Hier sind wir also nun am Ende der Gen1 angekommen und starten mit dem Link unten auf der Seite in die Gen2, die sog. russische Seite der Familie. Verantwortlich dafür sind Heinrich Hoyer, Gestütsmeister aus dem Ural und Louise von Both aus Hannover…